Wer hat damit angefangen?

Vor wenigen Tagen kam ich in eine Diskussion mit Menschen, die forderten, man müsste doch mehr Veranstaltungen zum Thema Wirtschaft und Ethik organisieren, um Bewusstsein zu schaffen, denn die Welt sei schlecht.

 

Wieder hat sich in mir ein so großes Fragezeichen geregt, wie schon bei früheren Gelegenheiten.

 

Wer hat eigentlich das Gerücht aufgebracht: Wirtschaft und ethisches Handeln seien wie Wasser und Feuer – es gibt entweder das eine, oder das andere? Wer war das?

 

Ich bewege mich, so wie Sie auch, tagtäglich in vielen Wirtschaftskreisen: das fängt frühmorgens beim Bäcker an, geht weiter zu meinen Klienten, dann in den Supermarkt, zur Tankstelle, ins Restaurant, die Liste der alltäglichen Begegnungen mit Wirtschaft wäre schier endlos fortzusetzen.

 

Ich bin also umzingelt von unethischen Menschen? – oder wie?

Beim Nachdenken fiel mir folgendes ein:

Also, mein Bäcker bäckt wirklich wunderbare Semmeln und ich vertraue ihm, dass ich für 1 kg Brot auch 1 kg bekomme – vielleicht sollte ich einmal nachwiegen? Umgekehrt vertraut aber auch seine Frau mir: Als ich vor einigen Tagen in aller Herrgottsfrüh mit einem 100 €-Schein bezahlen wollte, meinte sie: „Ich habe nicht genug Wechselgeld – bezahlen Sie einfach beim nächsten Mal die 3 € 60.“

- Was ich natürlich am nächsten Morgen getan habe. – Ganz ohne Wochenendseminar in Wirtschaftsethik.

 

Was hätte ich, oder die Bäckerin anders gemacht, hätten wir ein solches Seminar besucht?

An der Tür zum Laden hätte ich wahrscheinlich eine 100-seitige Vereinbarung zur fairen Zusammenarbeit unterschrieben, in der auf Seite 76 gestanden hätte, dass faires Wirtschaften voraussetzt, dass beide Seiten bereit, willens und in der Lage sind, die angemessene, vereinbarte Leistung zum Leistungszeitpunkt zu erbringen. Aller Wahrscheinlichkeit hätten wir noch einen Treuhänder einschalten müssen, um die Zahlungsmodalitäten abzuwickeln – ganz im Sinne der unterfertigten ethischen Kooperationsvereinbarung.

 

Was haben wir getan?

Ich habe mich über den Verbleib der Kinderlein und nach der Möglichkeit für das fleißige Bäckerehepaar erkundigt, heuer doch 1 Woche auf der Alm zu urlauben. Wir haben einander einen schönen Tag gewünscht und ich habe ein wunderbares Frühstück genossen.

 

Sind Grundwerte wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen eventuell in weiten Teilen unserer Gesellschaft – und auch der Wirtschaft doch vorhanden, aber vor lauter medialer Hochjubelung einiger schwarzer Schafe werden Misstrauen, Neid und Vorurteile gesäht.

 

Ist ethisches oder verantwortungsbewusstes Handeln nicht das, was uns die guten Manieren und der echte Hausverstand eigentlich vorgeben und was wir im Grunde alle leben?

 

* Wie wäre es, wenn wir einander in Zukunft über Begegnungen erzählen, die gut, „ethisch“ und nett verlaufen sind?

* Wie wäre es, wenn wir Geschäfte, Handwerker und Unternehmen empfehlen, die Kunden zuvorkommend und fair behandeln?

* Wie wäre es, wenn wir diesen Anspruch, den wir von anderen einfordern auch selbst leben?

 

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