Vom Maß aller Dinge

Eine Mutter erzählte ganz begeistert vom „sehr gut“ ihrer Tochter auf eine Französisch-Schularbeit und wie sehr sie sich darüber gefreut habe. „Aber nur, bis ich gefragt habe, was der Rest der Klasse bekommen hat.“, meinte sie. „Als ich hörte, dass 14 von 16 Schülern ebenfalls ein „sehr gut“ hatten, war es nichts Besonderes mehr.“


Warum eigentlich? Müssen wir immer gewinnen? Ist eine Leistung tatsächlich mehr wert, wenn wir jemanden haben, mit dem wir vergleichen können, den wir ausstechen können?


Das hat mich zu interessanten Überlegungen gebracht, die ich Sie einlade, mit mir zu teilen:

Ist es Ihnen auch schon passiert, dass Sie stolz waren auf eine Leistung oder eine Arbeit und irgendein Zeitgenosse hat diese Freude mit dem Satz abgetan, dass jemand anders, oder gar er selbst es besser, schneller, professioneller könne, dass das nichts Besonderes sei?

 

Und Schluss war es mit der Motivation!

 

Wie oft machen wir das bei unseren Kindern? Erinnern Sie sich noch an den berühmten Stempel mit dem Notenspiegel, der in meiner Jugend unter Schularbeiten und Diktaten stand mit der Übersicht über die Noten der Klasse? Wir alle sind verschieden, aber ICH fand diese Stempel niemals motivierend. Wie war das bei Ihnen?


Hat Sie das motiviert? Mich nicht.

 

Wir können nun darwinianisch argumentieren und sagen, dass das Vergleichen und Besser-Sein in unseren Genen liegt, denn nur die Stärksten überleben, etc.

Diese Argumentation hat ja durchaus ihre Berechtigung, aber warum sind wir dennoch so oft demotiviert und bemühen uns nicht, besser zu werden, sondern haben eine weitere Bestätigung, dass wir nichts können, nicht gut genug sind und geben auf?

Genau diese Thematik bearbeite ich ganz oft mit meinen Klienten. Offenbar ist unsere Psyche nicht ganz so darwinistisch, wie Evolutionsbiologen uns glauben machen.

 

Nun die entscheidende Frage: Wenn der Vergleich uns nicht motiviert, was dann?


Hier kann ich wieder nur von mir sprechen – vielleicht sind Sie ja ganz anders - aber mich hat motiviert, wenn meine Mutter mir sagte: „Ich bin stolz auf dich, dass deine Note positiv war, denn ich weiß, wie hart du dafür gearbeitet hast.“


Da wäre es wieder: Das gute alte Lob! Funktioniert doch immer – oder? Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Mutti ist ja nicht immer als Cheerleader bei uns.

 

Das bringt uns zum nächsten Dilemma:

Das Eigenlob, welchselbiges ja bekanntlich stinkt. Was also tun, wenn Ihre lieben Mitmenschen Ihre Mühe und das Ausmaß Ihrer Leistung nicht (an)erkennen können oder wollen und SIE aber der Meinung sind, dass Ihnen Lob zusteht?


Mein Motivationsrezept:

Loben SIE sich! SIE haben die Leistung erbracht und sich angestrengt. IHNEN ist etwas Großartiges gelungen und SIE sind das Maß Ihrer Dinge. Die einzige Person, die tatsächlich erkennen kann, wie groß diese Leistung für SIE war, sind ohnehin SIE selbst. Wenn das andere auch irgendwann erkennen – umso besser – sie werden sehen, je mehr SIE den Wert dessen anerkennen, was Sie machen, desto eher können das auch andere.

 

 

Ach ja! Und wenn Sie gerade dabei sind, dürfen Sie auch Ihren Mitmenschen eine Freude machen, indem Sie ganz ehrlich das loben, was Sie als großartig erkennen können.

 

Ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr, in dem Sie sich ganz viel Lob und Anerkennung geben, denn Sie haben es tatsächlich verdient!


Es grüßt Sie herzlich Ihre

 

Anita Molzbichler

 

 

 

 

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