UN-Endlichkeit oder

 

warum die Erleuchtung noch fern ist


In dem Buch eines buddhistischen Mönches habe ich folgende Übung gesehen, die er als junger Novize zu praktizieren hatte: Jeden Abend beim Schlafengehen sollte er alles Gott zurückgeben, was er besäße: sein Hab und Gut, seine Gesundheit, sein Leben, das Leben seiner Familie und Freunde – alles. Am nächsten Morgen beim Erwachen würde er in Dankbarkeit all jenes wieder annehmen, was Gott ihm an diesem Morgen zu schenken bereit wäre.

 

 

Ich war begeistert! Was für ein schöner Gedanke! Wie würde ich den Menschen im Coaching helfen, mit dieser Übung Dankbarkeit in ihr Leben zu bringen und all das Gute zu sehen!


Finden Sie diese Übung und diese Gedanken auch schön? Sofort machte ich mich ans Üben, konnte das Einschlafen kaum erwarten und fing an, alles in Gottes Hände zurückzugeben. Ich merkte, wie reich und gesegnet ich in meinem Leben bin und freute mich. Als aber der Moment kam, als ich Gott sagen wollte, dass ich all das, was er mir am nächsten Morgen wieder schenken wollte, dankbar annehmen würde, kam mir ein Gedanke: Was wäre, wenn ich das Leben der geliebten Menschen nicht wieder bekommen würde? Was wäre, wenn ich oder meine Familie morgen die gute Gesundheit nicht vollständig wieder erhalten würde? Aus war es mit der Bedingungslosigkeit! Ich verhandelte mit Gott, was ich unbedingt wieder brauchen würde. Ein paar Dinge gestand ich ihm sogar zu, auf die ich bereit wäre, zu verzichten…


Nix mit Erleuchtung!


Das machte aber gar nichts – obwohl ich anfangs etwas von mir enttäuscht war. Ich, die ich doch schon so lange Spiritualität und alles Mögliche übte. Ich habe mit dieser Übung etwas unwahrscheinlich Wichtiges gelernt: Wie wertvoll das Leben ist.

 

Ich habe gelernt, wie sehr ich jeden Tag beschenkt werde.

Ich habe gelernt, dass es Menschen in meinem Leben gibt, die ich gegen nichts eintauschen würde.

Ich habe gelernt, wie unendlich dankbar ich bin, mein Leben zu leben.

Ich habe gelernt, wer und was mir wichtig ist.

 

Wenn Sie Lust haben, üben Sie ein paar Tage diese Form des Loslassens und das Gefühl der Erleichterung, wenn Ihnen Gott am Morgen Ihre Arme und Beine in Beweglichkeit gibt, Ihren Atem, Ihren Herzschlag, die Möglichkeit zu denken und zu lieben, sich zu freuen, ein Bett und ein Dach über dem Kopf zu haben. Freunde und Familie, und, und, und ….

 

Ich wünsche Ihnen, dass Sie all die Geschenke in Ihrem Leben erkennen und genießen

 

Es grüßt Sie voller Freude, weil mir dieser Tag geschenkt ist,

 Ihre

Anita Molzbichler

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