Freikaufen von Verantwortung

 

oder warum es nicht schön ist, den Spiegel vorgehalten zu bekommen

 

 

Eigentlich eine Lappalie, aber eine interessante Lektion für mich, die ich gerne mit Ihnen teile:

 

In einer Betreuungsgruppe für Teenager wurde ein Tuch verschmutzt und liegengelassen. Auf Nachfrage, wer es gewesen sei, ergab sich eine interessante Lernmöglichkeit für mich. Keiner der jungen Menschen war es natürlich gewesen und sofort wurde fieberhaft nach „Schuldigen“ innerhalb und außerhalb der Gruppe gesucht.

Auf die Frage, wie das Problem zu lösen sei, schlug eine Teilnehmerin vor, das Geschirrtuch in die Putzerei zu bringen und reinigen zu lassen. Sie sei bereit einen finanziellen Beitrag zu leisten. Von 12 Jugendlichen waren alle bereit für die Reinigung zu zahlen – in Summe waren sie bereit 7,- Euro zu geben. Auf Nachfrage, wer bereit sei, das Tuch zu waschen, waren nur noch 6 Personen bereit, es zu tun.

 

Ich war betroffen!

Alle jungen Menschen waren bereit, gemeinsam den Preis von 5 Geschirrtüchern zu zahlen, 50% wollten das Tuch waschen und keiner war bereit zuzugeben, er hätte es verschmutzt.

 

Ist das Zeichen unserer Zeit? Anstatt Verantwortung zu übernehmen für etwas, das keinerlei Konsequenz gehabt hätte, kaufen wir uns frei?

 

Wir sind bereit den 5-fachen Preis für etwas zu zahlen, anstatt Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Wie kommt das?


Wo kaufe ICH mich frei von Verantwortung?

 

Die Erkenntnis machte mich nicht stolz: Ich übergebe Politikern die Verantwortung für mein Heimatland, die diesen Job erwiesenermaßen nicht gut machen. Ich bin bereit, immer höhere Steuern und Abgaben zu zahlen, um mich nicht engagieren zu müssen, um in manchen Bereichen nicht hinsehen zu müssen. AHA!!!! „Der Staat soll machen….die Gemeinde soll machen…. Die anderen sollen…..“

Ohje!


Wie ist es bei unseren Kindern? Kaufen wir uns da nicht auch oft frei mit Spielzeug, damit wir unsere Ruhe haben? Kaufen wir uns nicht das eine oder andere Stündchen Ruhe und Frieden mit Fernsehen, Nachhilfe, Statussymbolen? Ist es leichter, zu zahlen, als unseren Kindern Zeit, Zuwendung, Liebe und Anerkennung zu schenken? Kaufen wir uns frei von Konflikten mit unseren Teenagern? Ist es nicht leichter, nachzugeben, als sich mit dem „Puber-Tier“ auseinanderzusetzen?

 

Wir wollen junge Erwachsene formen, die Verantwortung übernehmen, aber welches Beispiel bieten wir ihnen? Was ist die Konsequenz?

 

 

Das liebe Leserin, lieber Leser fragt sich Ihre sehr nachdenkliche 

 

Anita Molzbichler

 

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